Was ist im Rahmen der Umsetzung der DIN VDE 0100-704 „Errichten von Niederspannungsanlagen – Baustellen“ zu beachten?

20. 10.

Im Oktober 2018 wurde die DIN VDE 0100-704 (Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 7-704: Anforderungen für Betriebsstätten, Räume und Anlagen besonderer Art – Baustellen) neu herausgegeben. In der Norm wird eine Übergangsfrist bis 18.05.2021 genannt. Spätestens ab diesem Datum müssen neu zu errichtende Baustromanlagen u. a. folgende Anforderungen erfüllen: 

  • Drehstrom-Steckdosen bis einschließlich 63 A müssen mit einer Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) vom Typ B in Übereinstimmung mit DIN EN 62423 (VDE 0664-40) geschützt werden. 
  • Jeder Baustromverteiler (BV) muss Einrichtungen zum Trennen der Einspeisung enthalten. Einrichtungen zum Trennen der Einspeisung müssen in der Aus-Stellung gesichert werden können. … 
  • Fest angeschlossene Baustromverteiler (BV) mit Steckdosen müssen Einrichtungen zum Trennen der Einspeisung, die gegen Einschalten abschließbar und für Laien benutzbar sind, enthalten. Eine verschließbare Umhüllung ist nicht ausreichend. 

Aus diesem Grund ist eine Vielzahl von bisher im Einsatz befindlichen Baustromverteilern zu erneuern. Eine Nachrüstung ist oft nur wirtschaftlich sinnvoll, wenn lediglich die RCDs getauscht werden müssen. Die Nachrüstung bzw. der Umbau von Hauptschaltern/Netztrenneinrichtungen erfolgt nur in wenigen und genau spezifizierten Fällen, da dies auch eine neue CE Konformitätsbewertung/Kennzeichnung nach 2014/35/EU (Niederspannungs-Richtlinie) erfordert.  

Anforderungen des Gesetzgebers 

Sowohl die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) als auch das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) mit der Baustellenverordnung (BaustellV) fordern vom Unternehmer, den Schutz der Beschäftigten nach dem Stand der Technik zu gestalten. 

ArbSchG § 4  

Der Arbeitgeber hat bei Maßnahmen des Arbeitsschutzes von folgenden allgemeinen Grundsätzen auszugehen: Die Arbeit ist so zu gestalten, dass eine Gefährdung für Leben und Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst geringgehalten wird; Gefahren sind an ihrer Quelle zu bekämpfen; Bei den Maßnahmen sind der Stand von Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen; 

Die BaustellV bezieht sich im § 2 direkt auf die o. g. Textstelle des ArbSchG. 

BetrSichV § 4 

Arbeitsmittel dürfen erst verwendet werden, nachdem der Arbeitgeber eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt hat, die dabei ermittelten Schutzmaßnahmen nach dem Stand der Technik getroffen hat und festgestellt hat, dass die Verwendung der Arbeitsmittel nach dem Stand der Technik sicher ist. 

Fazit 

Grundsätzlich haben staatliche Vorgaben (Gesetze, Verordnungen, Regeln) immer Vorrang vor Normen, die von privatrechtlichen Vereinigungen erstellt werden. Normen sind (in diesem Fall) ein Regelwerk der Technik, sie bleiben hinter dem Stand der Technik zurück. Insofern kann es notwendig sein, dass es im Ergebnis einer Gefährdungsbeurteilung oder auf Empfehlung von Berufsgenossenschaften, der DGUV, auf Hinweis von zuständigen Behörden (z. B. Amt für Arbeitsschutz) oder auf Empfehlung des Bauherrn und seiner Vertreter schon vor Erreichen der Übergangsfrist der Norm notwendig ist, die neuen Anforderungen einzuhalten. 

Wann müssen Fehlerstrom-Schutzschalter nachgerüstet werden?

Das Nachrüsten eines RCDs in Steckdosen- und Beleuchtungsstromkreisen, die vor Juni 2007 installiert wurden, lässt sich nicht ohne weiteres begründen. Erst die Umsetzung der Anforderungen u. a. der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) inkl. der aus der Gefährdungsbeurteilung des Betreibers geforderten Maßnahmen kann zu dem Entschluss führen, dass bezüglich des Betriebs von Steckdosen, die für Laien zugänglich sind, sich eine (aus der Beurteilung des Betreibers) resultierende Nachrüstung von Fehlerstromschutzeinrichtungen ergibt. 

Welche Arbeiten dürfen von elektrotechnischen Laien an elektrischen Anlagen ausgeführt werden?

Hier hat der Unternehmer/ Arbeitgeber als oberster Anlagenbetreiber die Verantwortung, im Sinne der Sicherheit aller Mitarbeitenden und auch Dritter, für eine sichere Anlage zu sorgen. Ihm obliegt damit die Pflicht, die betrieblichen Prozesse in geeigneter Weise zu organisieren, sodass die Arbeitssicherheit jederzeit gewährleistet ist und auch bleibt. Lediglich kleinere elektrische Tätigkeiten, wie z. B. das Auswechseln eines Leuchtmittels oder einer Schmelzsicherung, sind unter gewissen Voraussetzungen für den Laien  erlaubt. 

Kann eine Differenzstromüberwachung anstelle einer Isolationsmessung an Maschinen zum Einsatz kommen?

Die wiederkehrende Prüfung einer Maschine fällt in den Anwendungsbereich der DIN VDE 0105-100/A1. Die eigentliche »Maschinen-Norm« VDE 0113-1 gilt explizit nur für die Herstellung und die Erstprüfung von Maschinen, der spätere Betrieb ist hier nicht beschrieben. Die VDE 0113-1 enthält die Isolationsmessung auch nicht als verpflichtende Messung – dies ist eine Prüfung, die durchgeführt werden soll, wenn es aus Sicht des Herstellers sinnvoll er- scheint. 

Wann ist welche Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCCB) einzusetzen?

Bei einer Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCCB – Residual Current operated Circuit-Breaker) werden alle zu überwachenden Leiter durch einen Summenstromwandler geführt (außer der Schutzleiter). Der Summenstromwandler ist mit einer Auswerteeinheit verbunden, diese ist mit einem Auslöserelais verbunden, welches im Fehlerfall auslösen würde.

Was ist bei der Auswahl und dem Betrieb von Maschinen zu beachten?

Will man eine Maschine bauen, oder den elektrotechnischen Teil dazu beisteuern, müssen sich die Verantwortlichen mit der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG auseinandersetzen und die sicherheitsbezogenen Teile von Maschinensteuerungen nach der Norm DIN EN ISO 13849-1 auswählen und einsetzen. Dieses erfordert allerdings die Bestimmung des zu erfüllenden Performance Levels, was aber den Rahmen dieser Praxisfrage sprengen würde. Als Hilfe stellt das Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) das Software-Tool SISTEMA (Sicherheit von Steuerungen an Maschinen) kostenlos zur Verfügung.

Wie sind ausländische Qualifikationsnachweise zu bewerten?

Mitarbeiter im Berufsfeld der Elektrotechnik tragen eine hohe Verantwortung. Andere Menschen ohne elektrotechnisches Fachwissen müssen auf die Aussagen des Elektrikers vertrauen können. Vom Arbeitgeber des Mitarbeiters wird erwartet, dass er die Delegation von Pflichten sorgfältig durchführt – der Mitarbeiter soll die ihm übertragenen Aufgaben auch fachkundig erfüllen können. Ist die Auswahl des Mitarbeiters mangelhaft, kann man dem Arbeitgeber ein Auswahlverschulden vorwerfen und ihn haftbar machen.  

Müssen vorinstallierte RCD vom Typ AC ausgetauscht werden?

RCD des Typs AC sind für das Abschalten von sinusförmigen Wechselfehlerströmen, die plötzlich auftreten oder langsam ansteigen geeignet. Daraus lässt sich bereits ablesen, dass der TYP AC problematisch ist, da die Stromnetze heutzutage komplexere Verläufe aufweisen.

Der Praxisbereich sozial