Wann sind Prüfungen gemäß VdS 2871 durch einen anerkannten Sachverständigen gefordert?

01. 12.

Während die Betriebssicherheitsverordnung und die Unfallverhütungsvorschriften an den Betreiber bzw. Arbeitgeber gerichtet sind, richtet sich der Versicherungsvertrag an den Versicherungsnehmer. Beim Versicherungsnehmer kann es sich sowohl um den Gebäudeeigentümer (Vermieter) oder den Mieter (Betreiber) handeln. Bei Pflichtverletzungen gegenüber dem Gebäude- bzw. Sachversicherer stellt sich immer wieder die Frage nach dem Versicherungsnehmer. Wird im Versicherungsvertrag eine regelmäßige Prüfung gemäß VdS 2871 durch einen anerkannten Sachverständigen gefordert, ist der Versicherungsnehmer in der Pflicht, diese zu veranlassen. Hat der Vermieter sein Gebäude versichert, lässt sich die Zuständigkeit vertraglich mit dem Mieter regeln. Gegenüber der Versicherung ist jedoch der Versicherungsnehmer in der Pflicht. Bei grob fahrlässiger oder vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung kann der Versicherer den Versicherungsvertrag innerhalb eines Monats nach Kenntnisnahme der Obliegenheitsverletzung fristlos kündigen. Das Kündigungsrecht des Versicherers ist nur ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer beweist, dass er die Obliegenheit weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. 

Wer darf die Prüfung durchführen? 

Die Prüfung darf nur ein anerkannter Sachverständiger nach VdS 2228 durchführen. Eine Elektrofachkraft, oder eine zur Prüfung befähigte Person nach TRBS 1203 „Befähigte Personen“ ist nicht zur Durchführung der Prüfung berechtigt. Der Sachverständige muss vom Versicherungsnehmer unabhängig sein und darf von den festgestellten Mängeln nicht wirtschaftlich profitieren. Der Sachverständige darf demnach kein Mitarbeiter des Versicherungsnehmers sein und darf auch nicht als Errichter oder Instandhalter beim Versicherungsnehmer auftreten. Hierzu sind die anerkannten Sachverständigen in einer öffentlichen Liste bei der VdS Schadensverhütung GmbH geführt. Diese Liste ist auf der Homepage der VdS Schadensverhütung GmbH unter https://vds.de/zertifikate/verzeichnis/V2507 zu finden. 

Prüfung und Durchführung  

Während bei Prüfungen elektrischer Anlagen und Betriebsmitteln nach DIN VDE 0105-100/A1 und DIN VDE 0701 und VDE 0702 der Fokus auf der elektrischen Sicherheit und der sicheren Verwendung liegt, ist die Prüfung gemäß VdS 2871 als ganzheitliche Prüfung zu verstehen.  Das Hauptaugenmerk der Prüfung liegt hier auf dem Brand- und Sachschutz und damit auch auf der Prävention von Produktionsausfällen. Dem VdS anerkannten Sachverständigen kommt dabei neben der umfassenden Betrachtung der elektrischen Anlage auch eine beratende Funktion zuteil. Sind keine anderen Informationen über die vertraglichen Bedingungen zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer festgelegt, ist die elektrische Anlage am gesamten Risikostandort zu berücksichtigen. Nicht zugängliche Bereiche, Räume oder Anlagenteile sind einer Nachbesichtigung zu unterziehen. Der Umfang wird vom Sachverständigen im Befundschein (VdS 2229) dokumentiert. Die Prüfung besteht im Wesentlichen gemäß VdS 2871 aus folgenden Teilen: 

  • Ordnungsprüfung 
  • Besichtigung der Anlage 
  • Funktionsprüfung  
  • Messungen 

Dokumentation der Prüfung 

Das Ergebnis der Prüfung wird in einem sogenannten Befundschein festgehalten. Die Form und Inhalte des Befundscheins sind vom VdS vorgegeben. Auf Seite 1 im Befundschein gibt der Sachverständige eine Gesamtbeurteilung der Anlage ab. Die Einstufung erfolgt nach den Vorgaben gemäß VdS 2871 Abs. 3 in vier Gefährdungskategorien. 

Gefährdungskategorien nach VdS 2871

Mängel werden im Anhang A zum Befundschein dokumentiert. Die Mängel beziehen sich auf Abweichungen gegenüber den vom Sachverständigen hinzugezogenen Bewertungskriterien. Jeder festgestellte Mangel wird hier beschrieben. Zur Mängelbeschreibung gehört zudem die Angabe des Mangelortes und die Gefahreneinstufung. Im Mangeltext können auch vom Sachverständigen Hinweise und Anmerkungen zur Mängelbeseitigung beschrieben sein. Diese Hinweise und Anmerkungen stellen lediglich eine Möglichkeit dar, den Mangel abzustellen. Es muss sich dabei nicht um die wirtschaftlichste Lösung handeln. In jedem Fall ersetzen diese Anmerkungen keine ordentliche Planung. Die Mangeleinstufung erfolgt durch den Sachverständigen. Besteht bei einem Mängel eine Personen- oder Brandgefahr, sind diese mit “X” und/oder “O” im Befundschein gekennzeichnet. Dabei bedeutet ein “X”, dass ein brandgefährlicher Mangel vorliegt. Dies ist typischerweise der Fall, wenn Leitungen überlastet sind oder Klemmen und Anschlussstellen Erwärmungsspuren aufweisen. Ein “O” bedeutet eine Personengefährdung. Personengefahren liegen typischerweise bei losen oder fehlenden Abdeckungen vor berührungsgefährlichen Teilen vor. Mängel, die mit “X” oder “O” klassifiziert sind, sind unverzüglich zu beseitigen. 

Prüfungsergebnis

Abbildung 1 Befundschein gemäß VdS 2229 

 Autor: Marc Fengel – Ingenieur – und Sachverständigenbüro UG (haftungsbeschränkt) 
Internet: https://sv-fengel.de/ 

In welchem Umfang sind Mitarbeiter zu unterweisen? 

Der Unternehmer ist verpflichtet, Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit sicherzustellen. Die für die jeweiligen Bereiche eingesetzten Mitarbeiter müssen für ihre Aufgaben ausreichend qualifiziert und persönlich geeignet sein. Der Arbeitgeber hat nach Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) § 7 zu berücksichtigen, ob die Beschäftigten befähigt sind, die für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz bei der Aufgabenerfüllung zu beachtenden Bestimmungen und Maßnahmen einzuhalten. Um dies zu gewährleisten hat er diese nach ArbSchG § 12, ausreichend und angemessen zu unterweisen.

Wann müssen Fehlerstrom-Schutzschalter nachgerüstet werden?

Das Nachrüsten eines RCDs in Steckdosen- und Beleuchtungsstromkreisen, die vor Juni 2007 installiert wurden, lässt sich nicht ohne weiteres begründen. Erst die Umsetzung der Anforderungen u. a. der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) inkl. der aus der Gefährdungsbeurteilung des Betreibers geforderten Maßnahmen kann zu dem Entschluss führen, dass bezüglich des Betriebs von Steckdosen, die für Laien zugänglich sind, sich eine (aus der Beurteilung des Betreibers) resultierende Nachrüstung von Fehlerstromschutzeinrichtungen ergibt. 

Welche Arbeiten dürfen von elektrotechnischen Laien an elektrischen Anlagen ausgeführt werden?

Hier hat der Unternehmer/ Arbeitgeber als oberster Anlagenbetreiber die Verantwortung, im Sinne der Sicherheit aller Mitarbeitenden und auch Dritter, für eine sichere Anlage zu sorgen. Ihm obliegt damit die Pflicht, die betrieblichen Prozesse in geeigneter Weise zu organisieren, sodass die Arbeitssicherheit jederzeit gewährleistet ist und auch bleibt. Lediglich kleinere elektrische Tätigkeiten, wie z. B. das Auswechseln eines Leuchtmittels oder einer Schmelzsicherung, sind unter gewissen Voraussetzungen für den Laien  erlaubt. 

Kann eine Differenzstromüberwachung anstelle einer Isolationsmessung an Maschinen zum Einsatz kommen?

Die wiederkehrende Prüfung einer Maschine fällt in den Anwendungsbereich der DIN VDE 0105-100/A1. Die eigentliche »Maschinen-Norm« VDE 0113-1 gilt explizit nur für die Herstellung und die Erstprüfung von Maschinen, der spätere Betrieb ist hier nicht beschrieben. Die VDE 0113-1 enthält die Isolationsmessung auch nicht als verpflichtende Messung – dies ist eine Prüfung, die durchgeführt werden soll, wenn es aus Sicht des Herstellers sinnvoll er- scheint. 

Wann ist welche Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCCB) einzusetzen?

Bei einer Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCCB – Residual Current operated Circuit-Breaker) werden alle zu überwachenden Leiter durch einen Summenstromwandler geführt (außer der Schutzleiter). Der Summenstromwandler ist mit einer Auswerteeinheit verbunden, diese ist mit einem Auslöserelais verbunden, welches im Fehlerfall auslösen würde.

Was ist bei der Auswahl und dem Betrieb von Maschinen zu beachten?

Will man eine Maschine bauen, oder den elektrotechnischen Teil dazu beisteuern, müssen sich die Verantwortlichen mit der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG auseinandersetzen und die sicherheitsbezogenen Teile von Maschinensteuerungen nach der Norm DIN EN ISO 13849-1 auswählen und einsetzen. Dieses erfordert allerdings die Bestimmung des zu erfüllenden Performance Levels, was aber den Rahmen dieser Praxisfrage sprengen würde. Als Hilfe stellt das Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) das Software-Tool SISTEMA (Sicherheit von Steuerungen an Maschinen) kostenlos zur Verfügung.

Wie sind ausländische Qualifikationsnachweise zu bewerten?

Mitarbeiter im Berufsfeld der Elektrotechnik tragen eine hohe Verantwortung. Andere Menschen ohne elektrotechnisches Fachwissen müssen auf die Aussagen des Elektrikers vertrauen können. Vom Arbeitgeber des Mitarbeiters wird erwartet, dass er die Delegation von Pflichten sorgfältig durchführt – der Mitarbeiter soll die ihm übertragenen Aufgaben auch fachkundig erfüllen können. Ist die Auswahl des Mitarbeiters mangelhaft, kann man dem Arbeitgeber ein Auswahlverschulden vorwerfen und ihn haftbar machen.  

Müssen vorinstallierte RCD vom Typ AC ausgetauscht werden?

RCD des Typs AC sind für das Abschalten von sinusförmigen Wechselfehlerströmen, die plötzlich auftreten oder langsam ansteigen geeignet. Daraus lässt sich bereits ablesen, dass der TYP AC problematisch ist, da die Stromnetze heutzutage komplexere Verläufe aufweisen.

Der Praxisbereich sozial