Ist das Betreiben von ortsveränderlichen SCHUKO-Mehrfachsteckdosenleisten, die mit einem Anschlusskabel mit einem Leiterquerschnitt von 3 x 1 mm² und nicht länger als 1,8 m versehen sind, unzulässig?

17. 06.

Für die Beantwortungen der vorliegenden Anfrage ist eine ganzheitliche Betrachtung der Normen- und Anwendungslage notwendig.

Bestimmungsgemäßer Gebrauch eines Produktes bzw. elektrischen Betriebsmittels

In einem Urteil des BGH vom 05.02.2013 (BGH Az. VI ZR 1/12) hat der BGH festgestellt, dass bei einer Nichtbeachtung der Gebrauchsanweisung und einem Einsatz des Produkts in einem Bereich, für den es nicht geeignet ist, die Produkthaftung erlischt. Der BGH nahm weiterhin an, dass von einem Produkt dann keine Gefahr ausgehe, wenn es bestimmungsgemäß verwendet werde.

Das heißt, das Produkt muss unter Beachtung aller Herstellerangaben, die für den sicheren Betrieb des Produktes notwendig sind, betrieben werden. Zu dem bestimmungsmäßen Gebrauch zählt auch der Einsatzbereich.

Für ortsveränderliche Mehrfachsteckdosenleisten nach DIN VDE 0620-2-1:2016-01 ist der bestimmungsgemäße Gebrauch gemäß Abschnitt 1 dieser DIN VDE-Bestimmung für Stecker und Kupplungsdosen nur für Wechselstrom, mit oder ohne Schutzkontakt, mit einer Bemessungsspannung von über 50 V, aber nicht mehr als 440 V, und mit einem Bemessungsstrom, der 32 A nicht überschreitet, die für den Hausgebrauch oder ähnliche Zwecke, entweder in Innenräumen oder im Freien, vorgesehen sind, definiert.

Dabei spezifiziert der Hersteller seine Produkte teilweise weitergehend, z. B. ob Sie tatsächlich für den Einsatz im Freien aufgrund der vorhandenen Mindestschutzart einsetzbar sind oder auch ob sie für die Verwendung in Schreibtischen zugelassen sind.

An dieser Stelle sei bereits deutlich angemerkt, dass aus der Frage nicht hervorgeht, ob die Steckdosenleisten tatsächlich für den Hausgebrauch oder ähnliche Zwecke eingesetzt wurden. Aus dem Anwendungsbereich der DIN VDE 0620-2-1 kann auch nicht undifferenziert geschlussfolgert werden, dass es sich bei Büroräumen eines Gewerbebetriebs grundsätzlich um ähnliche Zwecke wie der Hausgebrauch handelt.

BetrSichV verlangt aktives Handeln vom Arbeitgeber auch vor dem Einsatz von ortsveränderlichen Mehrfachsteckdosenleisten

Ortsveränderliche Mehrfachsteckdosenleisten sind Arbeitsmittel im Sinne der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV).

Gemäß § 3 BetrSichV hat der Arbeitgeber vor der Verwendung von Arbeitsmitteln die auftretenden Gefährdungen im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung zu beurteilen und daraus notwendige und geeignete Schutzmaßnahmen abzuleiten. Das Vorhandensein einer CE-Kennzeichnung am Arbeitsmittel, entbindet nicht von der Pflicht zur Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung.

Die Gefährdungsbeurteilung soll bereits vor der Auswahl und der Beschaffung der Arbeitsmittel begonnen werden. Dabei sind insbesondere die Eignung des Arbeitsmittels für die geplante Verwendung, die Arbeitsabläufe und die Arbeitsorganisation zu berücksichtigen. Die Gefährdungsbeurteilung darf nur von fachkundigen Personen durchgeführt werden. Verfügt der Arbeitgeber nicht selbst über die entsprechenden Kenntnisse, so hat er sich fachkundig beraten zu lassen.

In die Beurteilung sind alle Gefährdungen einzubeziehen, die bei der Verwendung von der ortsveränderlichen Mehrfachsteckdose ausgehen, und zwar von

  • der Steckdosenleiste selbst,
  • der Umgebung in der die Steckdosenleiste zur Anwendung kommt und
  • den Arbeitsgegenständen (z. B. Schreibtisch, Werkbank), an denen die Steckdosenleiste zum Einsatz gebracht wird.

Wichtig ist dabei auch zu beachten, dass der Arbeitgeber sich Informationen zu beschaffen hat, die für die Gefährdungsbeurteilung notwendig sind. Hierzu zählen u. a. technische Produktbeschreibungen, Sicherheitshinweise oder auch Gebrauchs- und Betriebsanleitungen der Hersteller.

Die Grundpflichten des Arbeitsgebers ergeben sich weitergehend aus § 4 BetrSichV, wonach Arbeitsmittel erst verwendet werden dürfen, nachdem der Arbeitgeber

  • eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt hat,
  • die dabei ermittelten Schutzmaßnahmen nach dem Stand der Technik getroffen hat und
  • festgestellt hat, dass die Verwendung der Arbeitsmittel nach dem Stand der Technik sicher ist.

Ergibt sich aus der Gefährdungsbeurteilung, dass Gefährdungen durch technische Schutzmaßnahmen nach dem Stand der Technik nicht oder nur unzureichend vermieden werden können, hat der Arbeitgeber geeignete organisatorische und personenbezogene Schutzmaßnahmen zu treffen. Zu beachten ist auch, dass technische Schutzmaßnahmen Vorrang vor organisatorischen Schutzmaßnahmen und diese wiederum Vorrang vor personenbezogenen Schutzmaßnahmen haben.

Weitere Anforderungen können der Betriebssicherheitsverordnung entnommen werden.

Berücksichtigung der Umgebungs­be­din­gun­gen grund­sätzlich auch seitens der DIN VDE-Bestimmungen gefordert

Gemäß DIN VDE 0100-100:2009-06 Abschn. 133.3 müssen alle elektrischen Betriebsmittel so ausgewählt werden, dass sie den Umgebungsbedingungen, die charakteristisch für ihren Aufstellungs- oder Anwendungsort sind, und den Beanspruchungen, denen sie ausgesetzt sind, sicher standhalten.

Damit verlangt auch die aktuell gültige Grundsatznorm DIN VDE 0100-100:2009-06 eine fachlich versierte Beurteilung des Aufstellungs- und Anwendungsorts für jede konkret zu betrachtende Betriebssituation eines elektrischen Betriebsmittels durch den Anlagenbetreiber bzw. die Elektrofachkraft, die gesetzlich und normativ gefordert in der zugehörigen Gefährdungsbeurteilung niedergeschrieben sein muss.

Herstellernorm DIN VDE 0620-2-1:2016-01

Die für die ortsveränderliche Mehrfachsteckdosenleisten gültige DIN VDE-Bestimmung DIN VDE 0620-2-1:2016-01 definiert in ihrem Abschnitt 23 zulässige flexible Leitungen und ihre Anschlüsse.

Im konkreten Fall der Frage müssen gemäß Abschnitt 23.3 nicht wiederanschließbare Stecker und nicht wiederanschließbare Kupplungsdosen mit einer flexiblen Leitung, die DIN EN 50525-2-11 oder DIN EN 50525-2-21 entspricht, ausgestattet sein. Die hierfür geforderten Leiterquerschnitte sind dabei der Tabelle 20 der DIN VDE 0620-2-1:2016-01 (siehe nachfolgende Abbildung 1) zu entnehmen.

Abb.1: Tabelle 20 der DIN VDE 0620-2-1:2016-01 (Quelle: DIN VDE 0620-2-1:2016-01 Abschn. 23.3)

Bei Betrachtung der Tabelle (siehe Abbildung 1) lässt sich für die in der Anfrage beschriebenen ortsveränderlichen Mehrfachsteckdosenleiste, die eine Anschlussleitung von 1,8 m besitzt, zunächst durchaus ein Leitungsquerschnitt von 3 x 1 mm2 bis zu einer max. Leitungslänge von 2 m zulässig wäre.

Prüfgrundlage DGUV Vorschrift 3

Gemäß § 5 der DGUV Vorschrift 3 hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass die elektrischen Anlagen und Betriebsmittel auf ihren ordnungsgemäßen Zustand geprüft werden, und zwar

  • vorderersten Inbetriebnahme und nacheiner Änderung oder Instandsetzung vor der Wiederinbetriebnahme durch eine Elektrofachkraft oder unter Leitung und Aufsicht einer Elektrofachkraft

und

  • wiederkehrend in bestimmten Zeitabständen.

Die Fristen für die wiederkehrende Prüfung sind dabei so zu bemessen, dass entstehende Mängel, mit denen gerechnet werden muss, rechtzeitig festgestellt werden. Bei der Prüfung sind die sich hierauf beziehenden – also sämtliche relevanten – elektrotechnischen Regeln zu beachten.

Damit gibt es für die ortsveränderliche Mehrfachsteckdosenleiste im konkreten Anwendungsfall der Frage zwei mögliche unterschiedliche Prüfungen.

Zum einen muss die Mehrfachsteckdosenleiste für sich als eigenständiges ortsveränderliches Betriebsmittel unter Beachtung der DIN VDE 0701-0702 wiederkehrend geprüft werden (siehe hierzu auch die anschauliche DGUV Information 203-070:2016-12).

Zum anderen muss die eingesteckte ortsveränderliche Mehrfachsteckdosenleiste als letztes Glied im Endstromkreis der ortsfesten elektrischen Anlage betrachtet werden und sie im Rahmen der Prüfung der elektrischen Anlage gemäß DIN VDE 0100-600:2017-06 Abschn. 6.4 ff. (Prüfung vor Inbetriebnahme) sowie DIN VDE 0100-600:2017-06 Abschn. 6.5 ff. und DIN VDE 0105-100/A1:2017-06 Abschn. 5.3.3.101 (Wiederholungsprüfung) ebenfalls berücksichtigt werden (siehe hierzu auch die anschauliche DGUV Information 203-072:2017-12).

So könnte die Steckdosenleiste im Endstromkreis auch eine unzulässig hohe Schleifenimpedanz verursachen und deshalb in Kausalität zum Leitungsquerschnitt der Mehrfachsteckdosenleiste von 3 x 1 mm2 und einer Vorsicherung von 16 A unzulässig geworden sein.

Denkbar wäre auch, dass weitere DGUV Publikationen zur Anwendung kommen und müssten damit berücksichtigt werden, wie z. B. die DGUV Information 203-005„Auswahl und Betrieb ortsveränderlicher elektrischer Betriebsmittel nach Einsatzbedingungen“ (bisher: BGI/GUV-I 600) oder die DGUV Information 203-006„Auswahl und Betrieb elektrischer Anlagen und Betriebsmittel auf Bau- und Montagestellen (bisher: BGI/GUV-I 608)“.

Auch könnte, wie schon zuvor erwähnt, die Missachtung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs nach Einsichtnahme in die Hersteller-Sicherheitshinweise zum möglichen Bemängeln der ortsveränderlichen Mehrfachsteckdosenleisten geführt haben.

FAZIT

Für die Beantwortung der vorliegenden Frage ist die Gesamtheit der zuvor gemachten Ausführungen zu betrachten. Aus der Frage geht nicht hervor, wie der tatsächliche Anwendungsfall vor Ort war und auch nicht welche weitergehenden Betrachtungen durch den Prüfer erfolgt sind. Das alleinige Reduzieren der Untersagung des Gebrauchs auf den Leitungsquerschnitt durch den Prüfer wäre allerdings fragwürdig und nicht durch die DIN VDE 0620-2-1:2016-01 Abschn. 23.3 ausreichend begründbar.

Es wäre dringend angeraten, mit dem Prüfer fachliche Rücksprache zu halten, um zu klären, welche fachlichen Gründe der Prüfer unter Bezugnahme auf sämtliche relevante Regelwerke geltend gemacht hat, um die geprüften ortsveränderlichen Mehrfachsteckdosenleisten zu beanstanden.

Es sind also grundsätzlich bei der Verwendung von ortsveränderlichen Mehrfachsteckdosenleisten die Gesamtheit der möglichen Gefährdungen in Verbindung mit dem vom Hersteller vorgegebenen bestimmungsgemäßen Gebrauch zu betrachten.

Was passiert bei Abwesenheit einer verantwortlichen Elektrofachkraft?

Eine Stellvertreterregelung für eine Verantwortliche Elektrofachkraft ist nicht nur sinnvoll, sondern wie in vielen anderen Unternehmensbereichen auch unabdingbar, um auch bei einem Ausfall der Verantwortung tragenden Person weiterhin ein sicheres Arbeiten im Elektrobereich zu ermöglichen und fachlich handlungsfähig zu bleiben.

Elektrofachkraft in der Industrie

Wenn eine EFKffT mit 18 Wochen Qualifizierung im Bereich Industrie (Grundausbildung zzgl. Fachtheorie, Fachpraxis und betriebliche Qualifizierung) „nur“ gleichartige, sich wiederholende elektrotechnische Arbeiten[1] an Betriebsmitteln, die vom Unternehmer in einer Arbeitsanweisung festgelegt sind, durchführen darf, kann man von einer EFK in der Industrie mit 9 Wochen Qualifizierung kein fachgerechtes selbstständiges Planen, Durchführen und Kontrollieren im Bereich der Elektrotechnik erwarten.

Wiederholungsprüfung von ICT Geräten der SK1 ohne Schutzleiter

Die Möglichkeiten der zulässigen Schutzkonzepte in der DIN EN 62368-1 machen es einer befähigten Person nahezu unmöglich zur Geräteprüfung ein ICT-Gerät wirklich zu beurteilen. Es sind mittlerweile von außen so absurd wirkenden Konstruktionen möglich dass außer dem Hersteller kaum mehr jemand etwas sinnvolles dazu sagen kann.

In welchen Zeitabschnitten sind Unterweisungen zu wiederholen?

Der Unternehmer ist verpflichtet, Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit sicherzustellen. Die für die jeweiligen Bereiche eingesetzten Mitarbeiter müssen für ihre Aufgaben ausreichend qualifiziert und persönlich geeignet sein. Der Arbeitgeber hat nach Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) § 7 zu berücksichtigen, ob die Beschäftigten befähigt sind, die für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz bei der Aufgabenerfüllung zu beachtenden Bestimmungen und Maßnahmen einzuhalten. Um dies zu gewährleisten hat er diese nach ArbSchG § 12, ausreichend und angemessen zu unterweisen. Die Unterweisung umfasst verschiedene Schritte, die nachfolgend anhand von Praxisbeispielen erläutert werden. 

Was ist beim Betrieb von Experimentiereinrichtungen in Schulen zu beachten?

Die technischen Voraussetzungen wie die Errichtung des Unterrichtsraumes entsprechend der DIN VDE 0100-723 „Errichten von Niederspannungsanlagen – Anforderungen für Betriebsstätten, Räume und Anlagen besonderer Art Teil 723: Unterrichtsräume mit Experimentiereinrichtungen“ liegen in der Verantwortung des Betreibers, ebenso wie die regelmäßige messtechnische Prüfung der gesamten elektrischen Anlage. Die unterrichtstägliche Prüfung vor der ersten Verwendung und die Schaffung der organisatorischen und persönlichen Voraussetzungen liegt in der Verantwortung der Schule und somit der Lehrkraft.

Was ist beim Einsatz von CO2 Löschern zum Löschen von Bränden in elektrischen Betriebsstätten zu beachten?

CO2-Feuerlöscher sind überwiegend geeignet zur Bekämpfung von Bränden der Brandklasse B.  

Überprüfen Sie also in Ihrem Verantwortungsbereich, wo sich tragbare Kohlendioxid-Feuerlöscher befinden. Es sollte im Einzelfall bewertet werden, ob aufgrund des Einsatzes eines CO2-Löschers und den damit verbundenen Gefahren, ein Handlungsbedarf besteht. Eventuell muss ein Austausch gegen geeignete Wasser-, Schaum- oder Pulverlöscher erfolgen. 

Der Praxisbereich sozial