In welcher Form ist bei Neutralleiterschienen in Schaltgerätekombinationen ein Schutz gegen direktes oder indirektes Berühren notwendig?

06. 11.

Um diese Frage zu beantworten ist zunächst zu klären, ob es sich beim Neutralleiter um ein gefährliches aktives Teil handlet. Hierzu heißt es in der Begriffsdefinition der VDE 0660-600-1 Abschnitte 3.7.1 und 3.7.2 

aktives Teil: „Leiter oder leitfähiges Teil, der/das dazu vorgesehen ist, bei bestimmungsgemäßem Betrieb unter Spannung zu stehen, einschließlich eines Neutralleiters, vereinbarungsgemäß jedoch nicht eines PEN-Leiters“ 

Anmerkung 1 zum Begriff: Dieser Begriff besagt nicht unbedingt, dass das Risiko eines elektrischen Schlags besteht. Wenn der Neutralleiter wirksam geerdet ist, ist er kein gefährliches aktives Teil und wird daher in TN-S- oder TN-C-S Systemen nicht geschaltet, wenn dies nicht besonders durch andere Normen gefordert wird. 

gefährliches aktives Teil: „aktives Teil, von dem unter bestimmten Bedingungen ein schädlicher elektrischer Schlag ausgehen kann“ 

Erläuterung: Wenn Neutralleiter(-schienen) in TN-S- oder TN-C-S-Systemen wirksam geerdet sind, stellen sie kein Risiko eines elektrischen Schlages dar und gelten nicht als gefährliches aktives Teil. Sollte es zum Ausfall der betreffenden Erdung des Neutralleiters kommen und somit ein gefährlicher Potentialunterschied gegen Erde möglich werden, dient ein zusätzlicher Basisschutz, z. B. in Form einer Abdeckung oder Einhausung von Neutralleiterschienen dem Schutz gegen direktes Berühren.  

Wer hat Zugriff auf die Neutralleiterschiene? 

In der VDE 0660-600-1:2021-10 in den Abschnitte 8.4.2.2 und 8.4.2.3 heißt es dazu: 

„Basisschutz ist vorgesehen, um Schutz gegen elektrischen Schlag unter üblichen Bedingungen zu erreichen, indem direktes Berühren von gefährlichen aktiven Teilen verhindert wird. Der Basisschutz kann entweder durch geeignete konstruktive Maßnahmen an der Schaltgerätekombination selbst oder durch zusätzliche Maßnahmen, die beim Aufstellen und Anschließen zu treffen sind, erreicht werden. Dies kann Angaben des Herstellers der Schaltgerätekombination erforderlich machen. Ein Beispiel für zusätzliche Maßnahmen ist das Aufstellen einer Schaltgerätekombination in offener Bauform ohne weitere Vorkehrungen in einem Betriebsraum, zu dem nur befugte Personen Zugang haben. (…) 

Basisisolierung aktiver Teile: (…) Gefährliche aktive Teile müssen vollständig mit einer Isolierung abgedeckt sein, die nur durch Zerstörung entfernt werden kann. Für Betriebsmittel muss die Isolierung mit der entsprechenden Norm für das Betriebsmittel übereinstimmen.“ 

Abdeckungen oder Gehäuse: „Durch Luft isolierte aktive Teile müssen sich innerhalb von Gehäusen oder hinter Abdeckungen befinden, die mindestens einen Schutzgrad von IPXXB aufweisen. (…) 

Erläuterung: Innerhalb von laienbedienbaren Schaltgerätekombination mit einem vollständigen Schutz gegen direktes Berühren sind alle aktiven und gefährlichen aktiven Teile bereits durch die Basisisolierung in Form der Feldabdeckung abgedeckt, sodass für den Bediener/Laien keine Gefährdung besteht.  

In nicht laienbedienbaren Schaltgerätekombinationen die mit dem Warnzeichen W012 als „abgeschlossene elektrische Betriebsstätte“ versehen sind, muss eine Neutralleiterschiene innerhalb von Gehäusen, nicht abgedeckt sein, da es sich nicht um ein gefährliches aktives Teil handelt 

Der Zutritt ist auf Elektrofachkräfte und elektrotechnisch unterwiesenen Personen beschränkt, sodass die Gefährdung zusätzlich durch Kenntnisse und Fähigkeiten der Mitarbeiter gesenkt wird. 

Fazit 

Gefährliche aktive Teile (Außenleiter) müssen vollständig von Isolierung umhüllt sein, weil bei Berührung von einem elektrischen Schlag auszugehen ist.   

Solange Neutralleiter(schienen) wirksam geerdet sind, sind sie keine gefährlichen aktiven Teile und müssen dementsprechend nicht vollständig von Isolierung umhüllt sein. Ausschlaggebend für die Betrachtung ist hier u. a. die ordnungsgemäße (geschützte) Verlegung der Erdverbindung. 

Generell ist ein abgedeckter oder basisisolierter Aufbau der Neutralleiterschiene die sichere Seite, jedoch in der Praxis noch recht selten zu finden. Der Betreiber kann dies in seiner Spezifikation der Schaltgerätekombination fordern, wenn er dies generell erhalten will. Ist dies nicht vereinbart, liegt die Gestaltung in der Hand des Herstellers der Schaltgerätekombination. 

Was ist beim Einsatz elektrischer Anlagen auf Baustellen zu beachten?

RCDs stellen bereits seit vielen Jahren eine bewährte und normativ geforderte Sicherheitsbeschaltung in elektrischen Anlagen auf Baustellen dar. Bei den modernen (Antriebs-) Techniken die heutzutage Anwendung in den Baugeräten finden, sind auch zeitgemäße Schutzmaßnahmen erforderlich.

Wie ist mit „Reserveadern“ in Schaltschränken umzugehen? 

Beim Öffnen von Schaltgerätekombinationen sind, vorwiegend in älteren Anlagen, offene Adern und/oder fliegende Leitungsverbindungen an der Tagesordnung. Diese sind meist weder beschriftet, noch isoliert oder auf eine Klemme geführt, somit für den Monteur nicht klar zuordenbar und stellen daher eine potenzielle Gefahr dar.

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