Im Leitfaden für die Umsetzung der Produktvorschriften der EU 2016 („Blue Guide“) vom 26. Juli 2016 der Europäische Kommission ist die wesentliche/erhebliche Veränderung wie folgt beschrieben:
„Ein Produkt, an dem erhebliche Veränderungen oder Überarbeitungen vorgenommen wurden, um die ursprüngliche Leistung, Verwendung oder Bauart zu verändern, kann als neues Produkt angesehen werden. Die Person, die die Veränderungen vornimmt, wird dann zum Hersteller mit den entsprechenden Verpflichtungen.“
„Ein Produkt, an dem nach seiner Inbetriebnahme erhebliche Veränderungen oder Überarbeitungen mit dem Ziel der Modifizierung seiner ursprünglichen Leistung, Verwendung oder Bauart vorgenommen worden sind, die sich wesentlich auf die Einhaltung der Harmonisierungsrechtsvorschriften der Union auswirken, ist als neues Produkt anzusehen. Dies ist von Fall zu Fall und insbesondere vor dem Hintergrund des Ziels der Rechtsvorschriften und der Art der Produkte im Anwendungsbereich der betreffenden Rechtsvorschrift zu entscheiden.“
Quelle: EUROPÄISCHE KOMMISSION – Leitfaden für die Umsetzung der Produktvorschriften der EU 2016 („Blue Guide“) Abs. 2.1
Zum Thema “Wesentliche Veränderung von Maschinen” wurde am 09. April 2015 ein Interpretationspapier, mit folgendem Schema, amtlich durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) bekannt gemacht, mit dem man die Betrachtung zur wesentlichen Veränderung dokumentieren kann.
Wird der Umbau als wesentliche Änderung eingestuft, so ist die komplette Anlage auf den aktuellen Stand der Technik zu bringen und es ist ein neues Konformitätsbewertungsverfahren durchzuführen, da die Anlage als komplett neues Produkt betrachtet wird.
Bei Änderungen oder Modernisierung (Verbesserung) von Maschinen bzw. Schaltgerätekombinationen sind zwingend der aktuelle Stand der Technik für die durchgeführten Änderungen/Erweiterungen, zumindest die zum Änderungszeitpunkt geltenden anerkannten Regeln der Technik anzuwenden. Im Falle einer Schaltgerätekombination ist dies die EN 61439-1 (VDE 0660-600-1) mit dem entsprechenden produktspezifischen Teilen 2 – 7 bzw. bei Maschinen ist dies die EN 60204-1 (VDE 0113-1), welche ebenfalls in bestimmten Teilen der elektrischen Ausrüstung auf die EN 61439 verweist.
Es folgt eine stichpunktartige, nicht abschließende, Auflistung der Maßnahmen und Voraussetzungen die bei einer Änderungen oder Modernisierung beachtet werden sollten:
- Betrachtung, ob eine wesentliche Veränderung durchgeführt wird.
- Erstellung einer Risiko-/Gefährdungsbeurteilung, ob die Umbau-/ Erweiterungsmaßnahmen Auswirkungen (sicherheitstechnisch und funktionell) auf die bestehende Anlage und die sichere Verwendung haben und festlegen welche Maßnahmen zu ergreifen sind. Wenn es sinnvoll erscheint sollte der Hersteller der Anlage mit einbezogen werden.
- Auswahl der nachzurüstenden Bauteile und Komponenten unter Beachtung der Vorgaben der aktuellen Normen (z. B. EN 61439, EN 60204-1), der Herstellervorgaben der ursprünglichen Anlage (technische Dokumentation) und unter Einhaltung der Vorgaben der Bauteile-/ Komponentenhersteller.
- Wenn möglich und notwendig (Einbringung von Wärmeverlusten) Berechnung oder Ableitung der Erwärmung der Schaltgerätekombination nach der Umrüstung zum Nachweis der Einhaltung der Grenztemperaturen der Bauteile.
- Installation der nachzurüstenden Bauteile und Komponenten unter Beachtung der Vorgaben der aktuellen Normen (z. B. EN 61439, EN 60204-1) der Herstellervorgaben und dem Stand der Technik.
- Prüfung der durch den Umbau/die Erweiterung betroffenen Stromkreise und Funktionen nach den entsprechenden Normvorgaben (z. B. EN 61439, EN 60204-1, VDE 0100-600) und Dokumentation der Prüfung.
Wenn die Erwärmung nicht im Voraus ermittelt werden konnte, kann der Nachweis der Erwärmung durch Messung im Betrieb und Dokumentation in den Technischen Unterlagen erbracht werden. - Anpassung der technischen Dokumentation der Anlage (Schaltpläne, Betriebsanleitung, …) auf den Stand nach dem Umbau.