Die Delegation besteht aus drei Kardinalpflichten:
- Auswahl
Bei der Auswahl geht es darum, dass vor der Übertragung einer Pflicht die Feststellung getroffen werden muss, dass die Person, die die Pflicht übernehmen soll, auch ausreichend befähigt ist die mit der Pflichterfüllung verbundene Anforderung an die Fachkunde zu gewährleisten. Besondere Anforderungen aus besonderen Tätigkeitsfeldern sind ebenso zu berücksichtigen wie allgemeine Anforderungen in puncto Zuverlässigkeit und Teamfähigkeit.
- Anweisung
Zur umfassenden Pflichtenübertragung ist es ebenso erforderlich, dass der Delegationsempfänger den Umfang der mit der Pflichtenübertragung verbundenen Tätigkeit/Aufgabe ausreichend deutlich erkennt. Abgrenzungen zu anderen Aufgabenbereichen, Schnittstellen und Übergabepunkte zu diesen sind zweifelsfrei festzulegen und zu statuieren. Anforderungen an die mit der Aufgabenerfüllung verbundene Fachlichkeit sind auch Teil der Anweisungspflichten (z. B. das Erfüllen der Fortbildungspflicht).
- Aufsicht/Kontrolle
Der Delegierende muss stets durch Kontrollmaßnahmen die sichere Gewissheit haben, dass die von ihm übertragenen Pflichten so erfüllt werden, wie es die damit verbundenen Sorgfaltsanforderungen erforderlich machen. Hierzu hat er durch ein geeignetes Kontrollsystem zumindest stichprobenweise zu überprüfen, dass die im Rahmen der Anweisung konkretisierten Handlungspflichten eine entsprechende Umsetzung finden.
Umsetzungsmöglichkeiten
Es ist zu beachten, dass ein Delegationsempfänger im Rahmen des zugewiesenen Handlungsbereichs auch über die erforderlichen Umsetzungsmöglichkeiten verfügen muss. Diese lassen sich aufteilen in die
- Pflicht zur Bereitstellung der erforderlichen Mittel (z. B. Budget, Dokumente, Arbeits- und Schutzmittel),
- Pflicht, Weisungsrechte einzuräumen und Entscheidungskompetenzen organisatorisch zuzuweisen,
- Pflicht zur Beauftragung des Verantwortungsträgers in den relevanten Tätigkeitsbereichen, damit dessen Stellung bekannt ist,
- Pflicht, dass der Delegationsempfänger jederzeitige Rücksprachmöglichkeiten mit dem Delegierenden zugestanden werden,
- Pflicht zur Delegation bestimmter Aufgaben (insbesondere Anlagenverantwortung und Arbeitsverantwortung).
Was bedeutet das für den Delegationsempfänger?
Dem Delegationsempfänger obliegt es in eigener Verantwortung und mittels entsprechender Fachkunde in ausreichendem Maße dafür Sorge zu tragen, dass die ihr obliegenden Aufgaben hinsichtlich der Organisation des Arbeitsschutzes und der damit verbundenen Einhaltung der Sicherheitsanforderungen und Schutzbestimmungen verwirklicht werden. Die Bedeutung der Eigenverantwortung wird dadurch hervorgehoben, dass sich der Delegationsempfänger bei entsprechender Untätigkeit strafrechtlich dafür zu verantworten hat, dass ein Schadenfall deshalb eingetreten ist, weil diese die gebotene Handlung nicht erfüllt hat. Dieses strafrechtlich relevante „Begehen durch Unterlassen“ kann dazu führen, dass der Delegationsempfänger der Vorhalt gemacht wird, durch mangelnde Unterweisung, ungenügende Aufsicht oder eine nachlässige Auswahl der ausführenden Personen, ihre Sorgfaltspflicht verletzt zu haben. Verantwortung bedeutet, dass die Zielvorgabe, also die Sicherheit und der Gesundheitsschutz der Beschäftigten, erreicht werden. Wird dieses Ziel schuldhaft und vorwerfbar verfehlt, muss der Delegationsempfänger dafür einstehen. Weil dieser die Weisungsbefugnis gegenüber anderen Mitarbeitern hat, ist er in besonderem Maße dafür verantwortlich, dass die innerbetriebliche Organisation des Arbeitsschutzes gewährleistet ist. Erkennt der Delegationsempfänger, dass das Sicherheitssystem innerhalb der betrieblichen Organisation gestört ist, muss sie sofort handeln, damit das Schutzziel Arbeitssicherheit wieder erreicht wird.
Fazit:
Es gibt keine Verantwortung ohne Konsequenz. Für den Delegationsempfänger bedeutet dies, dass er im Rahmen seiner Kenntnisse und Erkenntnisse stets den Nachweis zu erbringen hat, dass er die von ihm übernommenen Aufgaben fachkundig, sorgfältig und zuverlässig erfüllt hat.
Wie hat ein Delegationsempfänger zu reagieren, wenn anstehende und verantwortlich auszuführende Arbeiten nicht erledigt werden können, weil es an den erforderlichen Informationen oder finanziellen/personellen Mitteln fehlt? Die Antwort erfahren Sie in einer kommenden Praxisfrage.
Autoren
Stefan Euler (VDE und VDI) Geschäftsführer der MEBEDO Akademie GmbH und MEBEDO Consulting GmbH, Montabaur sowie geprüfter Sachverständiger Elektrotechnik des BDSH e.V.