Zum Thema “Wesentliche Veränderung von Maschinen” wurde am 09. April 2015 ein Interpretationspapier amtlich bekannt gemacht. Es ist die, an das neue Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) und die neuesten Erkenntnisse der Risikobeurteilung, angepasste Fassung.
Aus dem gemeinsamen Rechtsrahmen für die Vermarktung von Produkten 765/2008/EG fällt der Terminus „wesentlich verändertes Produkt“ weg. Das ProdSG verwendet jetzt folgende Begriffe:
„Bereitstellung auf dem Markt“
Die Bereitstellung eines Produkts auf dem Markt bedeutet jede entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe eines Produkts zum Vertrieb, zum Verbrauch oder zur Verwendung auf dem Unionsmarkt im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit.
„Inverkehrbringen“
Ein Produkt wird auf dem Unionsmarkt in Verkehr gebracht, wenn es erstmalig bereitgestellt wird.
Der Begriff der „wesentlichen Veränderung“ wird im Blue Guide 2014 – Leitfaden für die Umsetzung der Produktvorschriften folgendermaßen definiert:
„Ein Produkt, an dem nach seiner Inbetriebnahme erhebliche Veränderungen oder Überarbeitungen mit dem Ziel der Modifizierung seiner ursprünglichen Leistung, Verwendung oder Bauart vorgenommen worden sind, die sich wesentlich auf die Einhaltung der Harmonisierungsvorschriften der Union auswirken, kann als neues Produkt angesehen werden. Dies ist von Fall zu Fall und insbesondere vor dem Hintergrund des Ziels der Rechtsvorschriften und der Art der Produkte im Anwendungsbereich der betreffenden Rechtsvorschrift zu entscheiden.“
Jede Veränderung, z. B. durch Leistungserhöhungen, Funktionsänderungen, Änderung der bestimmungsgemäßen Verwendung (wie durch Änderung der Hilfs-, Betriebs- und Einsatzstoffe, Umbau oder Änderungen der Sicherheitstechnik), an einer neuen oder gebrauchten Maschine, ist zunächst im Hinblick auf ihre sicherheitsrelevanten Auswirkung zu untersuchen (siehe Ablaufdiagramm).
Dies bedeutet, es ist in jedem Einzelfall zu ermitteln, ob sich durch die Veränderung der (gebrauchten) Maschine neue Gefährdungen ergeben haben oder ob sich ein bereits vorhandenes Risiko erhöht hat.
Hier kann man drei Fälle1 unterscheiden:
- Es liegt keine neue Gefährdung bzw. keine Erhöhung eines vorhandenen Risikos vor, so dass die Maschine nach wie vor als sicher angesehen werden kann.
- Es liegt zwar eine neue Gefährdung bzw. eine Erhöhung eines vorhandenen Risikos vor, die vorhandenen Schutzmaßnahmen der Maschine vor der Veränderung sind aber hierfür weiterhin ausreichend, so dass die Maschine nach wie vor als sicher angesehen werden kann.
- Es liegt eine neue Gefährdung bzw. eine Erhöhung eines vorhandenen Risikos vor und die vorhandenen Schutzmaßnahmen sind hierfür nicht ausreichend oder geeignet.
Bei veränderten Maschinen nach Fall 1 oder 2 sind zusätzliche Schutzmaßnahmen nicht erforderlich. Veränderte Maschinen nach Fallgestaltung 3 sind dagegen durch eine Risikobeurteilung systematisch hinsichtlich der Frage, ob eine wesentliche Veränderung vorliegt, weiter zu untersuchen.
Dabei ist festzustellen, ob es möglich ist, die veränderte Maschine mit einfachen Schutzeinrichtungen, wieder in einen sicheren Zustand zu bringen, wobei überprüft wird, ob die einfache Schutzeinrichtung das Risiko eliminiert oder zumindest hinreichend minimiert. Ist dies der Fall, kann die Veränderung in der Regel als nicht wesentlich angesehen werden.
Für die Entscheidung, ob eine wesentliche Veränderung vorliegt, gibt das nachfolgende Ablaufdiagramm, Hilfestellung:
Bildquelle: www.baua.de
Schlussfolgerung[1]:
Veränderungen an einer Maschine/Gesamtheit von Maschinen können folgende Auswirkungen haben:
- Die Maschine ist auch nach der Veränderung ohne zusätzliche Schutzmaßnahmen sicher. Es liegt keine wesentliche Veränderung vor.
- Die Maschine ist nach der Veränderung ohne zusätzliche Schutzmaßnahmen nicht mehr sicher. Die neue Gefährdung oder das erhöhte Risiko können durch einfache Schutzeinrichtungen beseitigt oder zumindest hinreichend minimiert werden. Es liegt damit keine wesentliche Veränderung vor.
- Die Maschine ist nach der Veränderung ohne zusätzliche Schutzmaßnahmen nicht mehr sicher und eine ausreichende Risikominderung kann nicht durch einfache Schutzeinrichtungen erreicht werden. Es liegt eine wesentliche Veränderung vor.
Beachten Sie für weitere Informationen auch unseren zugehörigen Elektrotipp „UW_ET_11“.