Wie sind ausländische Qualifikationsnachweise zu bewerten?

15. 08.

Die Globalisierung des Arbeitsmarktes ist in vollem Gang, auch im Handwerk. Doch es bleibt ein riesengroßes Problem: die Arbeitnehmer können zwar freizügig in Europa arbeiten, aber eine einheitliche Bewertung der Qualifizierung und der Berufsabschlüsse gibt es noch nicht.  

Mitarbeiter im Berufsfeld der Elektrotechnik tragen eine hohe Verantwortung. Andere Menschen ohne elektrotechnisches Fachwissen müssen auf die Aussagen des Elektrikers vertrauen können. Vom Arbeitgeber des Mitarbeiters wird erwartet, dass er die Delegation von Pflichten sorgfältig durchführt – der Mitarbeiter soll die ihm übertragenen Aufgaben auch fachkundig erfüllen können. Ist die Auswahl des Mitarbeiters mangelhaft, kann man dem Arbeitgeber ein Auswahlverschulden vorwerfen und ihn haftbar machen.  

Nicht ohne Grund ist das Elektrohandwerk auch ein Gefahrenhandwerk – man muss sehr genau hinsehen wer darin tätig sein darf. Der Gesetzgeber hat Mindestanforderungen formuliert, die elektrotechnisch tätige Personen erfüllen müssen – vor allem, wenn es um den Nachweis der elektrischen Sicherheit geht, also das Prüfen. Wichtigster Baustein ist die TRBS 1203 »Zur Prüfung befähigte Personen«, die Anforderungen an Personen festlegt, die den Nachweis der elektrischen Sicherheit bei Geräten, Anlagen und Maschinen nach BetrSichV § 2(6) erbringen können. Die Berufsausbildung ist dabei einer von drei Bausteinen: Neben der Berufsausbildung müssen auch Berufserfahrung und eine zeitnahe berufliche Tätigkeit nachgewiesen werden. Die Bewertung der Bausteine Berufserfahrung und der zeitnahen beruflichen Tätigkeit kann nicht mit standardisierten Dokumenten belegt werden – dass muss jede/r Vorgesetze selbst erkennen. Somit wird deutlich, dass die Dokumente eines Bewerbers im Grunde nur 1/3 seiner Eignung abbilden können, nicht mehr!  

Bestellung zum Qualifikationsnachweis

 

Definition »Der Elektriker«

Es gibt nicht »den« Elektriker. Die nachgewiesene Berufsausbildung kann also immer nur der Basis- Baustein sein, um darauf eine weitergehende Qualifizierung und Spezialisierung aufzusetzen. Der Unternehmer muss also bewerten, wie gut der Bewerber zum Stellenprofil passt und ob er die Definition der VDE 1000-10 für Elektrofachkräfte ausreichend erfüllt. Hier heißt es im Abschnitt 3.2 Elektrofachkraft: »Person, die aufgrund ihrer fachlichen Ausbildung, Kenntnisse und Erfahrungen sowie Kenntnis der einschlägigen Normen die ihr übertragenen Arbeiten beurteilen und mögliche Gefahren erkennen kann.

Anmerkung: Zur Beurteilung der fachlichen Ausbildung kann auch eine mehrjährige Tätigkeit auf dem betreffenden Arbeitsgebiet herangezogen werden

Die grundsätzlichen Inhalte spiegeln sich z.B. im ISSA-Leitfaden »Leitlinie zur Beurteilung der Befähigung von Elektrofachkräften« wieder.

Leitlinien zur Beurteilung

Zahlreiche Bewertungsoptionen

So ganz allein steht man bei der Bewertung von Qualifikationsnachweisen nicht da. Auf manchen Nachweisen sind standardisierte Bezeichnungen verwendet. International haben sich verschiedene Bewertungsmaßstäbe mit unterschiedlichen Zielen durchgesetzt insbesondere:

  • Der NVQ-Level (National Vocational Qualification)
  • Berufsklassifikation nach ISCO-Standard
  • ISCO Skill Level

In Deutschland werden Berufe in der KldB (Klassifikation der Berufe) beschrieben. Diese Einteilung wird von der Bundesagentur für Arbeit weiterentwickelt, aktuell ist der Stand von 2010. Elektrotechnische Hilfs- und Fachkräfte sind den Gruppen 262 und 263 zuzuordnen. Das aktuelle Verzeichnis der Bundesagentur für Arbeit findet sich im Internet mit den Suchworten »KldB 2010«. Eine verkürzte Beschreibung der KldB ist auch die Berufskennzahl, die auch bei der Bundesagentur für Arbeit verwendet wird.

Ein guter Weg zur Bewertung der Qualifikation ist die formale Anerkennung der Gleichwertigkeit. Über die Webseite www.anerkennung-in-deutschland.de lässt sich für das Berufsfeld die zuständige Stelle finden, die eine Bewertung der vorhandenen Qualifikationsnachweise vornehmen kann. Auch eine Telefon-Hotline ist für Fragen um die Anerkennung geschaltet. Diese Stelle ist nicht nur für außereuropäische Qualifikationsnachweise ansprechbar, sondern für alle. Allerdings ist das Verfahren langwierig und teilweise nicht ganz günstig.

Es wird bei der Anerkennung der Gleichwertigkeit auch die Berufserfahrung in die Bewertung mit einbezogen, also der zweite wichtige Baustein zur Bewertung der Qualifikation. Die entsprechenden Stellen bieten individuell abgestimmte Anpassungslehrgänge nach Berufsqualifikationsgesetz (BQFG) an, die bis zu zwei Jahren dauern.

Alternative Bewertungsmöglichkeiten

Im direkten Gespräch kann der zukünftige Arbeitgeber die fachliche Eignung prüfen. Die Beweislast für die Überprüfung liegt beim Arbeitgeber! Es empfiehlt sich auf jeden Fall die wichtigsten Ergebnisse zu dokumentieren. Man sollte vorher ein paar Punkte zusammentragen, die abgefragt werden sollen. Das Fachgespräch eignet sich insbesondere auch um einen Eindruck zur Sprachkompetenz zu bekommen. Auch hier trifft den Arbeitgeber die Beweislast für das ordnungsgemäße Handeln.

Gesprächsleitfaden zur Qualifikation

Wann müssen Fehlerstrom-Schutzschalter nachgerüstet werden?

Das Nachrüsten eines RCDs in Steckdosen- und Beleuchtungsstromkreisen, die vor Juni 2007 installiert wurden, lässt sich nicht ohne weiteres begründen. Erst die Umsetzung der Anforderungen u. a. der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) inkl. der aus der Gefährdungsbeurteilung des Betreibers geforderten Maßnahmen kann zu dem Entschluss führen, dass bezüglich des Betriebs von Steckdosen, die für Laien zugänglich sind, sich eine (aus der Beurteilung des Betreibers) resultierende Nachrüstung von Fehlerstromschutzeinrichtungen ergibt. 

Welche Arbeiten dürfen von elektrotechnischen Laien an elektrischen Anlagen ausgeführt werden?

Hier hat der Unternehmer/ Arbeitgeber als oberster Anlagenbetreiber die Verantwortung, im Sinne der Sicherheit aller Mitarbeitenden und auch Dritter, für eine sichere Anlage zu sorgen. Ihm obliegt damit die Pflicht, die betrieblichen Prozesse in geeigneter Weise zu organisieren, sodass die Arbeitssicherheit jederzeit gewährleistet ist und auch bleibt. Lediglich kleinere elektrische Tätigkeiten, wie z. B. das Auswechseln eines Leuchtmittels oder einer Schmelzsicherung, sind unter gewissen Voraussetzungen für den Laien  erlaubt. 

Kann eine Differenzstromüberwachung anstelle einer Isolationsmessung an Maschinen zum Einsatz kommen?

Die wiederkehrende Prüfung einer Maschine fällt in den Anwendungsbereich der DIN VDE 0105-100/A1. Die eigentliche »Maschinen-Norm« VDE 0113-1 gilt explizit nur für die Herstellung und die Erstprüfung von Maschinen, der spätere Betrieb ist hier nicht beschrieben. Die VDE 0113-1 enthält die Isolationsmessung auch nicht als verpflichtende Messung – dies ist eine Prüfung, die durchgeführt werden soll, wenn es aus Sicht des Herstellers sinnvoll er- scheint. 

Wann ist welche Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCCB) einzusetzen?

Bei einer Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCCB – Residual Current operated Circuit-Breaker) werden alle zu überwachenden Leiter durch einen Summenstromwandler geführt (außer der Schutzleiter). Der Summenstromwandler ist mit einer Auswerteeinheit verbunden, diese ist mit einem Auslöserelais verbunden, welches im Fehlerfall auslösen würde.

Was ist bei der Auswahl und dem Betrieb von Maschinen zu beachten?

Will man eine Maschine bauen, oder den elektrotechnischen Teil dazu beisteuern, müssen sich die Verantwortlichen mit der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG auseinandersetzen und die sicherheitsbezogenen Teile von Maschinensteuerungen nach der Norm DIN EN ISO 13849-1 auswählen und einsetzen. Dieses erfordert allerdings die Bestimmung des zu erfüllenden Performance Levels, was aber den Rahmen dieser Praxisfrage sprengen würde. Als Hilfe stellt das Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) das Software-Tool SISTEMA (Sicherheit von Steuerungen an Maschinen) kostenlos zur Verfügung.

Müssen vorinstallierte RCD vom Typ AC ausgetauscht werden?

RCD des Typs AC sind für das Abschalten von sinusförmigen Wechselfehlerströmen, die plötzlich auftreten oder langsam ansteigen geeignet. Daraus lässt sich bereits ablesen, dass der TYP AC problematisch ist, da die Stromnetze heutzutage komplexere Verläufe aufweisen.

Der Praxisbereich sozial