Wann müssen Fehlerstrom-Schutzschalter nachgerüstet werden?

15. 12.

In der Praxis werden häufig Steckdosenstromkreise, die für elektrotechnische Laien zugänglich sind, ohne vorgeschalteten RCD betrieben. Insbesondere bei älteren ortsfesten elektrischen Anlagen wird bei der Frage, ob es eine Nachrüstpflicht für diese Stromkreise gibt, auf den Bestandsschutz verwiesen. Der Einsatz eines RCDs für die entsprechenden Steckdosenstromkreise wird normativ erst seit 2007 gefordert. Maßnahmen zur Erhöhung der elektrischen Sicherheit lassen sich aber z. B. aus der Arbeitsstättenverordnung ableiten. 

Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) 

Zur Erfüllung des Schutzzieles Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten durch den Arbeitgeber wurde im Jahr 2004 die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) erlassen. Besondere Bedeutung findet hierbei § 3a Abs. 1 ArbStättV: „Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass Arbeitsstätten so eingerichtet und betrieben werden, dass Gefährdungen für die Sicherheit und die Gesundheit der Beschäftigten möglichst vermieden und verbleibende Gefährdungen möglichst geringgehalten werden.“. Der Stand der Technik ist beim Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten zu berücksichtigen. Bezüglich der Elektrosicherheit wird in den allgemeinen Anforderungen der ArbStättV im Anhang unter Abs 1.4 beim Betrieb von Anlagen, die der Versorgung der Arbeitsstätte mit Energie dienen, der Schutz vor direktem und indirektem Berühren für Beschäftigte gefordert. 

Schutz gegen den elektrischen Schlag (VDE 0100-410) 

Seit Juni 2007 sind Steckdosenstromkreise bis 20 A in Gebäuden und 32 A im Freien, die für elektrotechnische Laien zugänglich sind, mit einem RCD mit einem Differenzstrom von maximal 30 mA auszurüsten. Im Jahr 2018 wurde der Nennstrom der Steckdosenstromkreise, für die ein RCD zu installieren ist, auf 32 A erweitert. Zusätzlich müssen seitdem auch Beleuchtungsstromkreise in Wohnungen mit einem vorgelagerten RCD errichtet werden. Ist der Stromkreis vor dieser Zeit installiert worden und entspricht den zum Zeitpunkt der Errichtung anerkannten Regeln der Technik, ist die Nachrüstung eines RCD zu prüfen. Ein sogenannter „Bestandsschutz“ für ortsfeste elektrische Anlagen besteht jedoch nicht. 

Bestandsschutz 

In der Elektrotechnik werden in der Regel „Nachrüstverpflichtungen“ erlassen, wenn sich bestimmte Normen oder Regelwerke ändern. Ein typisches Beispiel aus der Praxis ist die Realisierung des teilweisen Berührungsschutzes für Bedienvorgänge. Hier wurde in der BGV A3 (heute DGUV Vorschrift 3) die benannte Umsetzung mit einer Frist zum 31.12.1999 gefordert. Wo ein entsprechender Berührungsschutz nicht vorhanden ist, muss dieser nachgerüstet werden. Im Umkehrschluss kann also bei der Nachrüstung der RCDs von einer „Nichtnachrüstverpflichtung“ gesprochen werden, jedoch nicht von „Bestandsschutz“. 

Der Begriff „Bestandsschutz“ stammt aus dem Bauordnungsrecht und findet in der Elektrotechnik keine Verwendung. Auch in der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) existiert dieser Begriff nicht. Grundsätzlich geht der Arbeits­ und Gesundheitsschutz immer vor „Bestandsschutz“. Ist also von einer Gefahr einer ortsfesten elektrischen Anlage auszugehen, die zum Zeitpunkt der Errichtung den anerkannten Regeln der Technik entsprach, so ist diese Gefahr zu minimieren. 

Gefährdungsbeurteilung 

Um mögliche Gefahren für Leib und Leben, ausgehend von einer ortsfesten elektrischen Anlage ohne RCD, erkennen und auf ein Minimum reduzieren zu können, ist die Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung notwendig. Hierzu ist mindestens die VDE 0100-410, aber auch der Stand der Technik zur Erfüllung der Forderungen der ArbStättV zu berücksichtigen. Das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung bestimmt die weiteren zu treffenden Maßnahmen. Diese können u.a. ein Nachrüsten eines RCDs als zusätzliche Schutzmaßnahme beinhalten. 

Stand der Technik 

Beim Betreiben von Arbeitsstätten fordert die Arbeitsstättenverordnung vom Arbeitgeber, den Stand der Technik einzuhalten. Er ist somit verpflichtet sicherzustellen, dass von einer ortsfesten elektrischen Anlage, die unter Umständen vor Juni 2007 errichtet und in Betrieb genommen wurde, keine Gefahr für seine Beschäftigten aufgrund eines fehlenden RCDs ausgeht. 

Der Stand der Technik ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme oder Vorgehensweise zum Schutz der Beschäftigten als gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Stands der Technik sind insbesondere vergleichbare Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen heranzuziehen, die mit Erfolg in der Praxis erprobt worden sind. Auch wenn ein RCD für die beschriebenen Stromkreise normativ nicht gefordert ist, so ist doch davon auszugehen, dass diese zusätzliche Schutzmaßnahme dem Stand der Technik entspricht.  

Fazit
Das Nachrüsten eines RCDs in Steckdosen- und Beleuchtungsstromkreisen, die vor Juni 2007 installiert wurden, lässt sich nicht ohne weiteres begründen. Erst die Umsetzung der Anforderungen u. a. der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) inkl. der aus der Gefährdungsbeurteilung des Betreibers geforderten Maßnahmen kann zu dem Entschluss führen, dass bezüglich des Betriebs von Steckdosen, die für Laien zugänglich sind, sich eine (aus der Beurteilung des Betreibers) resultierende Nachrüstung von Fehlerstromschutzeinrichtungen ergibt. 

Welche Arbeiten dürfen von elektrotechnischen Laien an elektrischen Anlagen ausgeführt werden?

Hier hat der Unternehmer/ Arbeitgeber als oberster Anlagenbetreiber die Verantwortung, im Sinne der Sicherheit aller Mitarbeitenden und auch Dritter, für eine sichere Anlage zu sorgen. Ihm obliegt damit die Pflicht, die betrieblichen Prozesse in geeigneter Weise zu organisieren, sodass die Arbeitssicherheit jederzeit gewährleistet ist und auch bleibt. Lediglich kleinere elektrische Tätigkeiten, wie z. B. das Auswechseln eines Leuchtmittels oder einer Schmelzsicherung, sind unter gewissen Voraussetzungen für den Laien  erlaubt. 

Kann eine Differenzstromüberwachung anstelle einer Isolationsmessung an Maschinen zum Einsatz kommen?

Die wiederkehrende Prüfung einer Maschine fällt in den Anwendungsbereich der DIN VDE 0105-100/A1. Die eigentliche »Maschinen-Norm« VDE 0113-1 gilt explizit nur für die Herstellung und die Erstprüfung von Maschinen, der spätere Betrieb ist hier nicht beschrieben. Die VDE 0113-1 enthält die Isolationsmessung auch nicht als verpflichtende Messung – dies ist eine Prüfung, die durchgeführt werden soll, wenn es aus Sicht des Herstellers sinnvoll er- scheint. 

Wann ist welche Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCCB) einzusetzen?

Bei einer Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCCB – Residual Current operated Circuit-Breaker) werden alle zu überwachenden Leiter durch einen Summenstromwandler geführt (außer der Schutzleiter). Der Summenstromwandler ist mit einer Auswerteeinheit verbunden, diese ist mit einem Auslöserelais verbunden, welches im Fehlerfall auslösen würde.

Was ist bei der Auswahl und dem Betrieb von Maschinen zu beachten?

Will man eine Maschine bauen, oder den elektrotechnischen Teil dazu beisteuern, müssen sich die Verantwortlichen mit der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG auseinandersetzen und die sicherheitsbezogenen Teile von Maschinensteuerungen nach der Norm DIN EN ISO 13849-1 auswählen und einsetzen. Dieses erfordert allerdings die Bestimmung des zu erfüllenden Performance Levels, was aber den Rahmen dieser Praxisfrage sprengen würde. Als Hilfe stellt das Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) das Software-Tool SISTEMA (Sicherheit von Steuerungen an Maschinen) kostenlos zur Verfügung.

Wie sind ausländische Qualifikationsnachweise zu bewerten?

Mitarbeiter im Berufsfeld der Elektrotechnik tragen eine hohe Verantwortung. Andere Menschen ohne elektrotechnisches Fachwissen müssen auf die Aussagen des Elektrikers vertrauen können. Vom Arbeitgeber des Mitarbeiters wird erwartet, dass er die Delegation von Pflichten sorgfältig durchführt – der Mitarbeiter soll die ihm übertragenen Aufgaben auch fachkundig erfüllen können. Ist die Auswahl des Mitarbeiters mangelhaft, kann man dem Arbeitgeber ein Auswahlverschulden vorwerfen und ihn haftbar machen.  

Müssen vorinstallierte RCD vom Typ AC ausgetauscht werden?

RCD des Typs AC sind für das Abschalten von sinusförmigen Wechselfehlerströmen, die plötzlich auftreten oder langsam ansteigen geeignet. Daraus lässt sich bereits ablesen, dass der TYP AC problematisch ist, da die Stromnetze heutzutage komplexere Verläufe aufweisen.

Der Praxisbereich sozial