Ist es zulässig, eine PC-Prüfung ohne Abschaltung vorzunehmen?

19. 08.

Grundlegendes zum Arbeitsschutz

Die nachfolgenden Grundsätze wurden mit der neuen Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) – Ausgabe 2015­-06 – nochmals konkretisiert. Zum grundsätzlichen Verständnis der Zusammenhänge sind folgende An­sätze im Bereich des Arbeitsschutzes in Be­zug auf die sichere Verwendung von Arbeitsmitteln zu beachten:

  • Der Unternehmer bzw. der Arbeitgeber hat über sämtliche Prozesse des Arbeitsschut­zes nach Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) §5 und DGUV ­Vorschrift 1 eine Gefährdungsbeur­teilung zu erstellen. Gemäß Betriebssi­cherheitsverordnung (BetrSichV) ist die Gefährdungsbeurteilung durch eine fach­kundige Person zu erstellen.
  • Die Gefährdungsbeurteilung muss vor der ersten Bereitstellung der oder des Arbeits­mittels an die Mitarbeiter erfolgen.
  • Die Gefährdungsbeurteilung muss zu allen relevanten Gefährdungen (hierzu zählen auch die Gefährdungen der hier vorliegen­den Fragestellung) eine Gefahreneinschät­zung und die notwendigen Schutzmaßnahmen enthalten.
  • Die notwendigen Maßnahmen müssen nach der Rangfolge des TOP­-Prinzips strukturiert sein (T = Technische Schutz­maßnahmen, O = organisatorische Schutz­maßnahmen, P = Persönliche Schutzmaß­nahmen).
  • In der Gefährdungsbeurteilung müssen die Inhalte und Vorgaben zur sicheren Ver­wendung des Arbeitsmittels und die not­ wendigen Prüfungen beschrieben sein.
  • In der Gefährdungsbeurteilung muss auf die notwendigen Einweisungen, Unterwei­sungen und Schulungen der Mitarbeiter eingegangen werden.
  • Die Gefährdungsbeurteilung muss die vom Arbeitgeber bzw. seiner fachkundigen Person ermittelte Prüffrist, Prüfart, Prüf­umfang und die Anforderungen an den Prüfer usw. enthalten.
  • Für diese Gefährdungsbeurteilung und der zutreffenden Schutzmaßnahmen ist der Stand der Technik zu beachten.

Zur konkreten Fragestellung

Folgende Punkte bzw. Prüfhinweise sind zur Festlegung eines norm-­ bzw. praxisgerechten Prüfablaufes zu beachten:

Durchführung der Schutzleiterwiderstandsprüfung
Hier muss das Schutzklasse ­I­ Arbeitsmittel (z.B. ein PC) in den Prüfkreis des Prüfgerätes eingebracht werden, was eine Trennung vom Versorgungsnetz (Trennen des Netzsteckers) notwendig macht. Alternativ wäre es auch möglich, sämtliche sonstige leitfähigen Verbindungen (z. B. Netzwerkleitungen) vom Schutzklasse ­I ­Arbeitsmittel zu trennen, um die Beeinflussung bzw. die Verfälschung der Schutzleiterwiderstandsmessung zu verhindern, wenn das Einschalten des Schutzklas­se ­I ­Arbeitsmittels in den Prüfkreis des Prüfgerätes nicht möglich ist (siehe hierzu DIN VDE 0701­0702:2008­6, Abschnitt 5.3)

Wann kann Isolationswiderstandsprüfung entfallen?
Hier wäre es möglich, aufgrund Anmerkung 3 der DIN VDE 0701­-0702:2008­, Ab­schnitt 5.4, diese Messung für Geräte der Informationstechnik entfallen zu lassen. Dies gilt allerdings ausdrücklich nicht für Kaltgeräteanschlussleitungen.

Schutzleiterstrommessung mit Netztrennung
Hier ist nach Abschnitt 5.5 von DIN VDE 0701­-0702:2008­ eine verbindliche Anfor­derung zur Messung des Schutzleiterstromes gegeben (bei Geräten mit Schutzleiter). Diese Messung ist in allen Polaritäten bzw. in allen Positionen des Steckers oder der Anschlussleitung durchzuführen. Somit ist hier – unabhängig vom angewandten Messverfahren – eine Trennung vom Versorgungsnetz erforderlich.

Berührungsstrommessung kann teilweise entfallen
Hier wäre es möglich – aufgrund der Anmerkung 3 in DIN VDE 0701­-0702:2008­-6, Abschnitt 5.6 –, diese Messung für Geräte der Informationstechnik an SELV/PELV – Teilen entfallen zu lassen.

Hierzu möchte ich aus Abschnitt 5.6 DIN VDE 0701­-0702:2008-­6 zitieren:

Die Messung darf bei SELV/PELV führenden Teilen und bei Geräten der Informationstechnik entfallen, wenn durch das dabei nötige Adaptieren (z.B. an Schnittstellen) oder durch den Messvorgang eine Beschädigung des Gerätes erfolgen kann.

Fazit

Somit wäre es bei der hier vorliegenden Fra­gestellung ausdrücklich nicht möglich, einen normativ konformen Prüfablauf für ein Schutzklasse ­I­ oder II Arbeitsmittel (z. B. PC/ Netzteil) zu ge­nerieren, ohne mindestens eine Trennung vom Versorgungsnetz durchzuführen. Daran ändern auch teilweise irreführenden Veröffentlichungen im Bereich der Informationstechnologie nichts. Die vorliegenden techni­schen Fakten bzw. normativen Notwendigkeiten sind hier eindeutig.

Wann müssen Fehlerstrom-Schutzschalter nachgerüstet werden?

Das Nachrüsten eines RCDs in Steckdosen- und Beleuchtungsstromkreisen, die vor Juni 2007 installiert wurden, lässt sich nicht ohne weiteres begründen. Erst die Umsetzung der Anforderungen u. a. der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) inkl. der aus der Gefährdungsbeurteilung des Betreibers geforderten Maßnahmen kann zu dem Entschluss führen, dass bezüglich des Betriebs von Steckdosen, die für Laien zugänglich sind, sich eine (aus der Beurteilung des Betreibers) resultierende Nachrüstung von Fehlerstromschutzeinrichtungen ergibt. 

Welche Arbeiten dürfen von elektrotechnischen Laien an elektrischen Anlagen ausgeführt werden?

Hier hat der Unternehmer/ Arbeitgeber als oberster Anlagenbetreiber die Verantwortung, im Sinne der Sicherheit aller Mitarbeitenden und auch Dritter, für eine sichere Anlage zu sorgen. Ihm obliegt damit die Pflicht, die betrieblichen Prozesse in geeigneter Weise zu organisieren, sodass die Arbeitssicherheit jederzeit gewährleistet ist und auch bleibt. Lediglich kleinere elektrische Tätigkeiten, wie z. B. das Auswechseln eines Leuchtmittels oder einer Schmelzsicherung, sind unter gewissen Voraussetzungen für den Laien  erlaubt. 

Kann eine Differenzstromüberwachung anstelle einer Isolationsmessung an Maschinen zum Einsatz kommen?

Die wiederkehrende Prüfung einer Maschine fällt in den Anwendungsbereich der DIN VDE 0105-100/A1. Die eigentliche »Maschinen-Norm« VDE 0113-1 gilt explizit nur für die Herstellung und die Erstprüfung von Maschinen, der spätere Betrieb ist hier nicht beschrieben. Die VDE 0113-1 enthält die Isolationsmessung auch nicht als verpflichtende Messung – dies ist eine Prüfung, die durchgeführt werden soll, wenn es aus Sicht des Herstellers sinnvoll er- scheint. 

Wann ist welche Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCCB) einzusetzen?

Bei einer Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCCB – Residual Current operated Circuit-Breaker) werden alle zu überwachenden Leiter durch einen Summenstromwandler geführt (außer der Schutzleiter). Der Summenstromwandler ist mit einer Auswerteeinheit verbunden, diese ist mit einem Auslöserelais verbunden, welches im Fehlerfall auslösen würde.

Was ist bei der Auswahl und dem Betrieb von Maschinen zu beachten?

Will man eine Maschine bauen, oder den elektrotechnischen Teil dazu beisteuern, müssen sich die Verantwortlichen mit der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG auseinandersetzen und die sicherheitsbezogenen Teile von Maschinensteuerungen nach der Norm DIN EN ISO 13849-1 auswählen und einsetzen. Dieses erfordert allerdings die Bestimmung des zu erfüllenden Performance Levels, was aber den Rahmen dieser Praxisfrage sprengen würde. Als Hilfe stellt das Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) das Software-Tool SISTEMA (Sicherheit von Steuerungen an Maschinen) kostenlos zur Verfügung.

Wie sind ausländische Qualifikationsnachweise zu bewerten?

Mitarbeiter im Berufsfeld der Elektrotechnik tragen eine hohe Verantwortung. Andere Menschen ohne elektrotechnisches Fachwissen müssen auf die Aussagen des Elektrikers vertrauen können. Vom Arbeitgeber des Mitarbeiters wird erwartet, dass er die Delegation von Pflichten sorgfältig durchführt – der Mitarbeiter soll die ihm übertragenen Aufgaben auch fachkundig erfüllen können. Ist die Auswahl des Mitarbeiters mangelhaft, kann man dem Arbeitgeber ein Auswahlverschulden vorwerfen und ihn haftbar machen.  

Müssen vorinstallierte RCD vom Typ AC ausgetauscht werden?

RCD des Typs AC sind für das Abschalten von sinusförmigen Wechselfehlerströmen, die plötzlich auftreten oder langsam ansteigen geeignet. Daraus lässt sich bereits ablesen, dass der TYP AC problematisch ist, da die Stromnetze heutzutage komplexere Verläufe aufweisen.

Der Praxisbereich sozial